„Nach dem Jubiläums-Festival 2004 sahen wir uns mit einem vollkommen neuen Problem konfrontiert. Wie kann man DAS noch toppen?“, heißt es im Programmheft des 21. Open-Flair-Festivals. Denn mit insgesamt 27.000 Besuchern an den drei Tagen wurde 2004 ein neuer Besucherrekord aufgestellt, was neben den starken Haupt-Acts wie den Fantastischen Vier, Wir sind Helden oder Fury in the Slaughterhouse aber nach wie vor auch an der Mischung aus Musik, Kleinkunst und Comedy lag, die das Flair immer noch besonders machen.
Wen die Organisatoren in diesem Jahr als Headliner vermelden konnten, wäre ein paar Jahre zuvor noch leise belächelt worden. Die Toten Hosen kommen tatsächlich nach Eschwege kommen. Die Rockformation um Frontmann Campino war mit ihrem aktuellen Album „Zurück zum Glück“ im Gepäck DER Headliner des Festivals. Sie konnten am Samstagabend mehr als 14.000 Besucher auf das Werdchen locken und sorgten so erstmals in der Geschichte des Festivals für einen ausverkauften Tag. Genau das hatten die Veranstalter angepeilt, die in diesem Jahr zum Glück keine Existenzängste mehr plagen mussten. „Friss oder Stirb“ lautete das Motto der Hosen und Campino war kaum zu halten, sodass er jeden Zentimeter der Bühne ausnutzte. Politisch engagiert, wie er ist, bezog er Stellung zu dem anstehenden Wahlkampf und unterstrich mit dem Song „Tausend gute Gründe“, dass sie sich, wie die HNA berichtete, „nicht vor den Karren der Regierung spannen lassen“. Mit „You’ll Never Walk Alone“ verabschiedeten sie sich nach zwei Stunden von der Bühne.
Insgesamt stand das Flair ganz im Zeichen der deutschen Rock-Pop-Musik. Vor allem charismatische Frontfrauen waren zahlreich vertreten. Angefangen mit Juli, die gerade große Erfolge mit den Songs „Geile Zeit“ und „Perfekte Welle“ feierten. Sie trat am Freitagabend auf und zählte für viele zu einem ersten Höhepunkt des Festivals. Ebenfalls am Freitag zu vorgerückter Stunde betrat Sängerin Mietze mit ihrer Band MIA die Freibühne und heizte mit ihrem Hit „Hungriges Herz“ ein. Am Sonntag machte Stefanie Kloß mit ihrer Band Silbermond das Trio der Powerfrauen komplett und überzeugte mit ihrer einzigartigen Originalität und vieldeutigen Songs wie „Symphonie“ oder „Durch die Nacht“.
Neben den Frauen war auch ein Teil einer weiteren deutschen Musikgröße zu Gast. Farin Urlaub von den Ärzten war mit seinem Racing Team nach Eschwege gekommen. Das zweite Soloalbum „Am Ende der Sonne“ war gerade einmal ein paar Monate alt, als er am Freitag als Headliner die Sounds-for-Nature-Bühne betrat und mit einer Show, wie sie Eschwege noch nicht gesehen hatte, die Bühne abbrannte. Weitere musikalische Highlights waren Such A Surge, Monsters of Liedermaching, Pantheon Rococo, Ray Wilson und Teitur. Den Abschlussheadliner am Sonntag machten Rocker von Oomph!. „Doch das Salz in der Suppe sind, wie jedes Jahr, jene Bands, die momentan vor dem großen Durchbruch stehen: das Power-Pop-Trio Angelika Express, die Punk-Rock-‘n‘-Roller El*ke und Madsen“, berichtete die lokale Presse.
Auch im Bereich der Kleinkunst hatte das Festival wieder allerhand zu bieten. Vor allem Hannes Bender zog die Massen ins Kleinkunstzelt, sodass leider nicht alle Platz fanden. Weitere Highlights waren das Theatre Du Pain, die im Programmheft als eine Mischung aus Monty Python und Kant beschrieben wurden und so ihr ganz eigenes Genre kreieren. Weiter trat der Paradiesvogel Kay Ray am Sonntag auf der Kleinkunstbühne auf. Nach dem Festival wurde überlegt, ob das Kleinkunstzelt nicht seinen Platz wechseln sollte, um das Programm dann auch parallel zur Musik durchführen zu können. Als mögliche neue Location hierfür wurde das Gelände der alten Stadtwerke in Betracht gezogen.
Das Flair hatte es sich, durch die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz, erneut zur Aufgabe gemacht, das Umweltbewusstsein der Besucher zu steigern. Neben schon längst zum Standard gewordenen Aktionen wie Mülltrennung, Nutzung von regenerativen Energiequellen und den Chemietoiletten, gab es in diesem Jahr eine Neuerung in diesem Bereich: die Einführung des Müllpfandes. Gegen die Abgabe eines vollen Müllsacks nach dem Festival bekamen die Camper ihre zuvor hinterlegten zehn Euro wieder zurück und auch bei den Kleinsten wurde das Thema in das Programm integriert. Es kann nicht früh genug damit angefangen werden unsere Umwelt zu schätzen.
Von Vanessa Rheinländer